09. April 2024

Digitale Wasserzeichen: mehr als nur ein neuer unsichtbarer Barcode

Barcodes sind heute allgegenwärtig und unverzichtbar für Industrie und Handel. So erscheint der Barcode als Strichcode auf Produkten und Verpackungen im Einzelhandel sowie in der Fertigung und zur Kennzeichnung von Transportgütern oder Lagerwaren in der Logistik. Inzwischen gibt es mit der Entwicklung von digitalen Wasserzeichen jedoch ein innovatives Upgrade des klassischen Strichcodes: Produkte und Güter werden damit nicht nur eindeutig gekennzeichnet, leicht identifiziert und zurück verfolgt, sie können auch wertvolle Informationen für Sammlung, Sortierung und Recycling liefern – und das alles so gut wie unsichtbar für das menschliche Auge. 
Was sich für den Laien wenig spektakulär anhört, könnte in Zukunft die unsichtbare Deklarierung von Gütern und Produkten revolutionieren und damit ungeahnte Möglichkeiten für den Einzelhandel, die Logistik und das Recycling bereitstellen und Unternehmensprozesse sowie Marketingmaßnahmen auf ein neues Level heben. 
Zunächst aber von vorn: Digitale Wasserzeichen auf Produktverpackungen sind unsichtbare oder halbdurchsichtige Markierungen, die in das Material der Verpackung eingearbeitet oder aufgedruckt sind. Diese Wasserzeichen können durch spezielle Technologien wie Lasergravur, Prägung oder spezielle Druckverfahren wie Infrarotdruck erzeugt werden. Gelesen werden die so aufgebrachten Wasserzeichen durch automatisierte Detektionssysteme wie Scanner oder Kameras. Für das menschliche Auge hingegen sind sie kaum sichtbar.

Der Vorteil: Einen unsichtbaren Code kann man unzählige Male überall auf der Verpackung anbringen, sodass der Scanner ihn unabhängig von der Lage der Ware erkennen kann. Im Einzelhandel bedeutet dies ein schnellerer Check-out des Kunden bzw. ein schnelleres Scannen der Produkte an der Kasse.

Digitale Wasserzeichen werden zur Rückverfolgbarkeit des gesamten Herstellungs- und Vertriebsprozesses, zur Qualitätssicherung und als Markenschutz eingesetzt. Neu ist die Anwendung beim Recycling von Verpackungsabfällen.

FiliGrade

FiliGrade ist ein Technologieunternehmen aus dem niederländischen Eindhoven, das eine patentierte digitale Wasserzeichen-Technologie namens CurvCode entwickelt hat. Dieses innovative System ermöglicht die Trennung von Materialien aus Abfallströmen. Bereits 2016 stellte FiliGrade die ersten digitalen Wasserzeichen vor. Zwei Jahre später gelang es dem Unternehmen, dieses erstmals auf Verpackungen einzubetten. CurvCode basiert auf einer speziellen kodierten Kurve von Punkten, die in Formen oder Druck eingebettet wird. Diese Kurve ist für das menschliche Auge in der Regel nicht wahrnehmbar, sehr wohl aber maschinenlesbar.

In Abfall-Sortieranlagen werden spezielle Kameras und Beleuchtungssysteme eingesetzt, um diese Codes zu erkennen, zu erfassen und zu entschlüsseln. Basierend auf diesen Informationen kann das gewünschte Material korrekt sortiert werden. So wird eine effizientere Wiederverwertung des sortierten Materials möglich.

 Mit der CurvCode-Technologie können rund 1.000 Informationen im Code hinterlegt werden. Diese Fokussierung vereinfacht sowohl den Druck als auch die Detektion.

Der Vorteil: Es müssen weniger Daten verwaltet und Rechenleistung erbracht werden. Im Vergleich zum Digimarc Barcode bietet die Technologie auf den ersten Blick weniger, ist aber weniger komplex und bedarf eines geringerem Investment für die Implementierung in den Sortieranlagen.

Im Frühjahr 2023 wurde die Sortierung von 1 Liter Pure-Pak® Kartons mit CurvCode erfolgreich mit kommerziellen Verpackungen getestet.

Digimarc


Benannt nach dem gleichnamigen amerikanischen Unternehmen, dessen Spezialgebiet das Wasserzeichen ist, ermöglicht der Digimarc Barcode, digitale Informationen in physischen Medien wie Bilder, Verpackungen, Etiketten und andere Druckerzeugnisse in Form von Wasserzeichen einzubetten. Im Vergleich zur fokussierteren CurvCode-Technologie, können auf den Digimarc Barcodes nahezu unendlich viele Informationen gespeichert werden. 

Seit 2018 integriert netto Marken-Discount als erster und einziger Einzelhändler in Deutschland die digitalen Wasserzeichen von Digimarc auf den Verpackungen seines Private Label-Lebensmittelsortiments.

„Wir haben zunächst mit Digimarc zusammengearbeitet, um unseren Checkout zu optimieren, einfacher und effizienter zu machen indem wir unsere PL-Lebensmittel- und Getränkeprodukte mit der Technologie von Digimarc digitalisiert haben“, sagt netto-Unternehmenssprecherin Christiana Stylianou.

Digitale Wasserzeichen auf Elopak-Verpackungen 

Elopak setzt bereits seit mehreren Jahren erfolgreich digitale Wasserzeichen ein und arbeitet dabei mit zertifizierten Betrieben aus der Druckvorstufe. An dem bewährten Druckverfahren ändert sich nichts. Digitale Wasserzeichen wie der Digimarc Barcode und CurvCode können problemlos in den Druck der Pure-Pak® und Roll-Fed Designs eingebunden werden.

CurvCode & Digimarc Barcode – zwei Technologien zur Einbettung von digitalen Wasserzeichen 

CurvCode 

Digimarc Barcode

Technologieansatz 

Verwendet eine spezielle kodierte Kurve von Punkten, um das Wasserzeichen in das Bild einzubetten. 
Nutzt eine Vielzahl von Techniken, um Wasserzeichen in digitale Inhalte zu integrieren. Z.B. zur Einbetten von Informationen in bestimmte Frequenzbereiche von Bildern, Audio oder Video. 

Lesbarkeit 

Selbst bei teilweisem Schatten, Beschnitt oder Verzerrung lesbar und darauf ausgelegt, auch unter schwierigen Bedingungen lesbar zu sein. 
Robust und kann unter verschiedenen Bedingungen erkannt werden, aber Lesbarkeit kann je nach Qualität des Trägermediums variieren. 

Anwendungen 

Für Authentifizierungs- und Trackingsysteme. 
Wird bei verschiedenen Anwendungen eingesetzt: Urheberrechtsschutz, Content-Tracking und Verbraucherinteraktionen wie dem Scannen von QR-Codes. 

Integration & Verbreitung 

Erfordert spezielle Algorithmen und Software, die von den Anbietern der Technologie bereitgestellt werden. Die Verbreitung kann je nach Lizenzierung eingeschränkt sein. 
Breitere Palette von Tools und Integrationsmöglichkeiten für Entwickler und Content-Ersteller. Technologie ist weit verbreitet. 

Vorteile von digitalen Wasserzeichen für das Recycling von Flüssigkeitskartons

Verbesserte Sortierung (mehr reine Stoffströme, höhere Recyclingquoten) 
 Trennung nach Verpackungsarten (z.B. Lebensmittel und Non-Food)   
 Trennung nach Materialien (d.h. Barrieren aus Alu und Nicht-Alu)   
 Weniger „Freerider“: alle Hersteller von Flüssigkeitskartons zahlen ihren gerechten Anteil und tragen zu Investitionen in das Recycling bei   

HolyGrail 2.0 - Recycling für mehr Nachhaltigkeit und Wertschöpfung

Als Filigrade 2016 Petcore Europe seine ersten digitalen Wasserzeichen vorstellte, kommentierte dessen Geschäftsführer Christian-Yves Crépet: „Entweder Sie sind ein Scharlatan, oder das ist der Heilige Gral.“ So kam das Digital Watermarks Pilotprojekt „HolyGrail“ zu seinem Namen. Zunächst brachte HolyGrail 1.0 von 2016 bis 2019 Interessengruppen aus der Verpackungswertschöpfungskette zusammen. Im Rahmen dieses Projekts wurden verschiedene innovative Projekte im Bereich der Verbesserung des Post-Consumer-Recyclings durch den Einsatz chemischer Tracer und digitaler Wasserzeichen zur besseren Sortierung untersucht. HolyGrail 2.0 hatte nachfolgend das Ziel, die technische Durchführung digitaler Wasserzeichen für die genaue Sortierung sowie die wirtschaftliche Rentabilität in großem Umfang zu ermöglichen. Die mit digitalen Wasserzeichen codierten Verpackung sollten in einer Abfallsortieranlage erkannt, entschlüsselt und anhand der übertragenen Attribute (z.B. Lebensmittel vs. Non-Food) sortiert werden.

Nach zahlreichen Tests sowie Anpassungen der Druck- und Detektionstechnik kommt man heute auf Trefferraten bei der Erkennung von mehr als 95 Prozent. Im Jahr 2023 fanden erste industrielle Versuche in einem Recyclingwerk in Verdun, Frankreich, mit einem Prototyp Erkennungsmodul statt. Geplant ist, dass in Kürze ein weiterer Versuch im industriellen Maßstab an einer deutschen Sortieranlage stattfindet, um einen Roll-out beider Technologien, von Digimarc und FiliGrade, in naher Zukunft zu gewährleisten. 

Meilensteine der Entwicklung

Warum EXTR:ACT sich für digitale Wasserzeichen engagiert 

EXTR:ACT wurde 2018 gegründet und ist die europäische Plattform zur Steigerung des Recyclings von Flüssigkeitskartons und ähnlichen faserbasierten Multimaterialverpackungen. Durch die Zusammenarbeit auf Europa-Ebene mit der gesamten Wertschöpfungskette trägt EXTR:ACT dazu bei, dass Flüssigkeitskartons zu wettbewerbsfähigen Kosten gesammelt, sortiert und recycelt werden.   

„Die Hersteller von Flüssigkeitskartons kümmern sich seit vielen Jahren um ein hochwertiges Recycling ihrer Verpackungen. Dabei orientieren wir uns stets an den neusten Möglichkeiten, den Prozess immer weiter zu verbessern, um den eigenen hohen Ansprüchen und auch den verschärften gesetzlichen Vorgaben zu genügen. Deshalb haben wir auch selbst über unsere brancheneigene Technik-Organisation EXTR:ACT entsprechende Tests und Evaluierungen des digital watermarking (DWM) vorgenommen. Wir sehen hier enormes Potenzial, die Reinheit und Granularität der aussortierten Flüssigkeitskartons (also weniger „Beifang“ bei der Sortierung von Flüssigkeitskartons) zu erreichen, die dann zu einer zielgenauere Versorgung der Recyclinganlagen für Fasern und PolyAl (Nicht-Faseranteil)  mit einer Inputqualität beiträgt, die wiederum zu hochwertigen Sekundärrohstoffen führt, sagt Michael Brandl, Geschäftsführer bei EXTR:ACT.  

Gut für die Umwelt, gut für die Wertschöpfungskette 

Verpackungshersteller, die künftig auf Wasserzeichen auf ihren Produkten setzen profitieren mehrfach: Nicht nur die Ausbeute und Qualität der gesammelten Flüssigkeitskartons können verbessert werden und den gesamten Recyclingprozess unterstützen. Darüberhinaus demonstrieren die Unternehmen erneut ihr Engagement für Umweltschutz und Ressourcenschonung. Das hat letztendlich nicht nur positive Effekte für die Umwelt, sondern stärkt die gesamte Wertschöpfungskette in ihren ökologischen Bemühungen und bietet langfristig wirtschaftliche Vorteile. 

Molokia, Ukraine

Der ukrainische Hersteller Ternopil Dairy hat für die Marke Molokia die Designs der Märchenmilch mit neuen Figuren aktualisiert. Wolf, Fuchs, Bär, Storch, Hase und Igel sind jetzt die neuen Stars auf den Verpackungen. Zusätzlich gibt es jetzt eine laktosefreie Milch. Die Produkte werden von der Vereinigung der Kinderärzte der Ukraine empfohlen.

smol, Großbritannien

Das Karton-Nachfüll-Angebot von smol wächst weiter. Nach Geschirrspülmittel und Weichspüler gibt es seit Anfang 2024 nun auch Fleckenentferner im praktischen Karton. Die zugehörige Original-Flasche zum Auftragen und Verteilen der Flüssigkeiten besteht zu 100% aus Recycling-Kunststoff.

LoveMilk, Großbritannien

Als Antwort auf wachsende Bedenken bei den Konsumenten hinsichtlich Plastikmüll launchte Freshways, die größte unabhängige Molkerei des Vereinigten Königreichs, Kartons mit Tethered Cap für seine Frischmilch-Produkte im Food Service-Bereich. Dadurch wird der Kunststoffverbrauch der Verpackungen bei Freshways signifikant reduziert.

Robinsons, Großbritannien

„Less plastic – more serves“ – Britvic launcht für die Marke Robinsons ein noch höher konzentriertes Fruchtsaftkonzentrat und verwendet dafür den 500ml Pure-Pak® Classic Karton. Im Ergebnis: 60 Portionen pro 500ml und 85% weniger Kunststoff.